TSV Detag Wernberg – Leichtathletik

Auf nach Berlin in ein neues Laufabenteuer!

von Brigitte Frenzel

Die Idee des 100-Meilen-Laufes in Berlin entstand ursprünglich bei einem gemeinsamen Lauf mit Markus in Kelheim, der dieses Lauferlebnis schon letztes Jahr ins Auge gefasst hatte. Für mich war dies eher wie eine Schnapsidee oder vielleicht auch der jugendliche Leichtsinn, worüber ich noch lachte, doch schon auf der Rückfahrt machte Markus ernst und die Anmeldung wurde fix gemacht. Von da an stellte sich immer wieder die große Frage: „Wer läuft die erste Etappe mit 91 km und wer die Zweite mit 70 km?“ Obwohl für mich 91 km fern jeglicher Vorstellung waren, gab es nur wenige Optionen. Markus, eher der Schattenläufer, ich als Angsthase im Dunkeln, machte uns die Streckenverteilung ziemlich leicht. Somit konnte also die Vorbereitung beginnen. Die nächsten Wochen und Monate vergingen wie im Flug. Meine Achillessehnenverletzung und unser überraschender Übungsleiterkurs ließen uns nur wenig Zeit zum Trainieren, somit hofften wir, dass unsere Trainingskilometer vom Frühjahr ausreichten. Also fuhren wir ohne jegliche Erwartung nach Berlin.


Nachdem wir die Startunterlagen bereits Freitag nachmittag abgeholt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Briefing. Dort verspürte ich bereits das bekannte Kribbeln. Es war alles so neu für mich und ich war teils völlig überfordert mit der Leichtigkeit der Teilnehmer. Doch es war zugleich ein richtig tolles Gefühl mittendrin zu sein. Ich war bereit!

Pünktlich um 6 Uhr machten sich am Samstag 382 Einzelläufer auf die 161 km des Mauerweglau-fes. Für Markus und mich begann die Reise als 2er Staffel (91/70km) erst um 7 Uhr. Auf den Weg zum Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark merkte ich bereits eine leichte Anspannung. „Was passiert wenn ich mich verletze? Wie komme ich mit der Hitze zurecht? Was ist, wenn ich es nicht bis zum Wechsel schaffe?“, und das Wichtigste, „Was ist, wenn ich mich verlaufe?“. Tausend Fragen gin-gen mir durch den Kopf. 15 Min. vor dem Start durften wir dann auf die Bahn. Noch kurz ein Foto, einen schnellen Ratsch und schon fiel der Startschuss. 38 2er Staffeln gingen auf die Reise.

In einer Gruppe von 8 Personen, die sich sehr schnell absetzte, machte ich mich gemeinsam auf den Weg. Vorbei am Checkpoint Charlie und der East Side Gallery, und so verliefen die ersten Kilometer wie im Flug. Da Markus bereits Erfahrung als Ultra-Läufer hatte, befolgte ich seinen Rat und teilte mir die 91 km in kleine Abschnitte auf. Ich lief im Kopf also immer nur 4-8 km, d.h. von Verpflegung zur Verpflegung, genauer gesagt waren es für mich 14. Lange Zeit klappte das ganz gut. Bei km 25 ging es dann noch oben zum Dörferblick mit wunderschönem Rundumblick, was wiederum bedeutete, ich musste auch wieder runter. Es folgten gefühlt 200 Stufen (ca. 80) abwärts, die mir schon etwas schwer fielen. Von da an machte ich mein eigenes Tempo. Ich freute mich umso mehr über jeden geschafften Kilometer, jede nette Unterhaltung – und davon gab es viele – sowie über alle fleißigen Helfer und Leckereien bei den VPs. Mittlerweile waren 50 km geschafft. Meine Gedanken purzelten durcheinander, denn es wurde anstrengend. Dennoch hatte ich nicht einmal den Gedanken aufzuhören. Stattdessen genoss ich das „Ganze“ und malte mir bereits den Wechsel mit Markus aus, der noch 40 km weit entfernt war. Also lief ich weiter und war glücklich darüber, bei jeder VP ein weiteres meiner selbst gebastelten VP-Kärtchen umdrehen zu dürfen, und schon bald waren die 60 km geschafft.

Zu diesem Zeitpunkt allerdings fiel mir das Loslaufen nach Gehpausen oder den VPs schon sichtlich schwerer. Die vielen Nachrichten meiner Kinder waren dafür die beste Motivation nicht aufzugeben. Bei jeder Einzelnen kullerten teils die Tränen, zugleich gaben sie mir aber auch die Kraft Alles schaffen zu können. Also kämpfte ich weiter. Plötzlich entdeckte ich auch Markus, der bereits in den Startlöchern stand. Und wieder lachte ich vor Freude, oder eher vor Erschöpfung aber ich dachte mir, Durchhalten ist angesagt sonst darf er nicht starten. Jetzt war ich bei km 72 am Gribnitzsee angekommen und es waren nur noch 20 km bis zum Ziel. Also bewegte ich mich nach einer weiteren Pause weiter, wenn auch langsam. Die Oberschenkel spürte ich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr und meine Gedanken waren nur noch im Ziel. Nächste Verpflegungsstelle Brauhaus Metzgerei. Allerdings war mir alles andere als nach einem Bier. „Du hast es bald geschafft!“ ging mir durch den Kopf. Die Freude, nach 91 km ans Ziel meiner Etappe anzukommen spürte ich schon in mir. Nur noch 1 VP, die Letzte vor dem Wechsel. Ich wusste nicht ob ich lachen oder weinen sollte, aber es war plötzlich ein irre geiles Gefühl zu wissen, gleich kommt MEIN Ziel. Der Körper mobilisierte alles was noch da war. Die letzten 5,7 km konnte ich plötzlich wieder fast durchgehend laufen. Dann sah ich Markus, der bereits an der Wechselstation wartete, und lief ihm mit Dauergrinsen entgegen. „Hurra, ich habe es geschafft!“ Was für ein unglaublich tolles Erlebnis mit allen Höhen und Tiefen die durch so einen Lauf entstehen.

von Markus Raab:

Ab Wechselpunkt Schloss Sacrow bei km 91, durfte ich unsere Staffel für die noch fehlenden 70 km übernehmen. Mittlerweile war es 18 Uhr abends und ich musste mich noch gut 3 Stunden durch die Hitze Potsdams und später wieder Berlins quälen, ehe dann meine Temperaturen kamen. Anfangs überholte ich noch Einzelläufer, die ja eine Stunde vor uns gestartet waren. Ab Mitte meines Rennens wurde ich dann von den hinter uns gestarteten 4er Staffeln (30 min nach uns gestartet) und 10+ Staffeln (1h nach uns gestartet) überholt. Dennoch war es ein sehr angenehmes Laufen, da man in dieser Konstellation so gut wie nie allein unterwegs war und vor allem, in der Nacht irgendwo immer eine Stirnlampe vor oder hinter sich hatte.


Wie bereits Gitte erwähnte, hatten wir zwar sehr viele Trainingskilometer im Frühjahr, mussten dann aber ab Juni aufgrund unseres Übungsleiterlehrgangs (der endlich wieder fortgeführt werden konnte), sowie einigen anderen alltäglichen Herausforderungen, unsere Umfänge drosseln bzw. wir kamen einfach nicht mehr zum langen Laufen. Somit wusste ich zwar, dass ich mit dem Kopf die 70 km durch die Nacht Berlins schaffen konnte, hatte aber nicht die geringste Ahnung wie mein Körper auf diese Distanz reagieren würde. Hier kam mir die Mentalität eines solchen Laufes zugute. Die langen Distanzen sind zwar herausfordernd und natürlich muss auch sehr viel Zeit in die Vorbereitung und das Training investiert werden, aber so ein Lauf verzeiht dir auch Fehler bzw. gibt dir die Zeit sie zu analysieren oder dagegen zu steuern.

Genauso wie Gitte machte ich keinen Lauf über 70 km, sondern eher viele kleine Rennen von 5-7 km von Verpflegungspunkt zu Verpflegungspunkt. Somit spulte ich km für km ab und ehe mich versah, erblickte ich nach gut 50 km wieder die Lichter Berlins. Mittlerweile war es schon Sonntag geworden und ich musste noch 20 km durch unsere Hauptstadt. War die erste Hälfte meines Lau-fes noch geprägt von Wald-, Wiesen und Flurwegen, war ich nun wieder froh, etwas mehr Ab-wechslung auf den Straßen und durch die Gassen Berlins zu haben.
Bald schon merkte ich, dass ich mein erstes für mich geplantes Ziel vor 4 Uhr die Ziellinie zu über-queren zwar nicht mehr schaffen konnte, aber zumindest noch eine Laufzeit unter 10 h möglich war. Somit verflogen die letzten km wie im Flug und ich erreichte um 4:06 Uhr das Ziel im Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark. Gitte wartete zitternd und völlig übermüdet im Zielbereich und wir
feierten gemeinsam unseren ersten erfolgreich absolvierten Mauerweglauf mit Linseneintopf.


Mit einer Gesamtzeit von 21:06:23 h belegten wir Platz 14 von 38 Zweier-Staffeln.

Fazit: Gitte und Markus

So wurde aus einer anfänglichen Schnappsidee im Frühjahr, ein unvergessliches Lauferlebnis für uns Beide. Der Mauerweglauf zeigte uns wieder mal, dass das Laufen viele neue Herausforderungen für uns bereithält die es zu meistern gilt.