TSV Detag Wernberg – Leichtathletik

Karina Maier beim „Kullamannen“ in Schweden

Beim „Kullamannen“ im südschwedischen Båstad war Karina Maier am Start. Der Traillauf zählt zur UTMB World Serie und Karina lief die Strecke mit 57 km und rund 800 Höhenmetern. Unter den 106 teilnehmenden Frauen im internationalen Starterfeld erreichte sie Platz 4 und verpasste nur knapp die direkte Qualifikation für den UTMB. Sie musste sich nur der Norwegerin Yngvild Kaspersen (Siegerin CCC beim UTMB), der Schweizerin Judith Wyder (Profi-Läuferin, 5-fache Weltmeisterin Orientierungslauf) und der Norwegerin Ida Amelie Robsahm (3. Platz Golden Trail Ranking 2023) geschlagen geben.

Hier Ihr Bericht:

Da ich dieses Jahr gern noch an einem langen Lauf teilnehmen wollte und der Kullamannen in Schweden direkt in die Herbstferienwoche fiel, war die Entscheidung relativ schnell gefallen. „Der Kullamannen ist ein Trailrun wie kein anderer – er ist verwurzelt in Abenteuer, Legende und Geheimnis.“, so die Worte des Renndirektors. Man hat die Wahl zwischen 100 Meilen, 100 km, 56 km oder 20 km. Da mir 20 zu kurz und 100 zu lang sind, war schnell klar, welche Distanz ich laufen werde. 1 1/2 Wochen vorher dann leider eine dicke Erkältung, die mich aber nicht aus der Ruhe brachte. 10 Tage zum Gesundwerden sollten reichen. Die ersten Tage in Schweden bewiesen dann leider das Gegenteil. Aus Halsschmerzen wurden entzündete Nasennebenhöhlen und starke Kopfschmerzen. An Schlaf war in den Nächten oft nicht zu denken. Gegen Ende der Woche wurde es zum Glück ein wenig besser, allerdings noch weit weg von gesund. Zwei lange Läufe in den 2 Wochem vorher mit neuen Schuhen bescherte mir dann obendrein noch unangenehme Schmerzen der rechten Achillessehne. Trotzdem wollte ich an den Start gehen und es zumindest probieren


Der viele Regen an den Tagen vorm Wettkampf sorgte für die von den Veranstaltern gewünschten Bedingungen… Schlammig, nass, rutschig. Des einen Freud, des anderen Leid. Für mich bedeutete es vollkommene Unsicherheit bezüglich der Schuhwahl. Risiko und mit den Trailschuhen eine Verschlechterung der Schmerzen in der Wade in Kauf nehmen oder die langstreckeneeprobten Straßenlaufschuhe? Ich vertragte die Entscheidung schließlich auf den Morgen des Laufs. Leider gab es auf den langen Distanzen eine Pflichtausrüstung. Regenjacke, Pfeife, Stirnlampe, 2 Gel, 2 Riegel, Rettungsdecke, mindestens 1 l Wasser und die eingeschaltete Live-Tracking App. Das hieß laufen mit Rucksack, was überhaupt nicht mein Ding ist. Zumal ich wusste, dass ich das meiste umsonst durch die Gegend tragen werde. Durch einen extra Chip am Rucksack wurde auch ein vorzeitiges Ablegen verhindert. Schade, die denken aber auch an alles…

Eine Dreiviertelstunde zu früh war ich in Båstad. Da es trüb, windig und kalt war, überbrückte ich die Zeit im relativen warmen Messeraum. Gefühlt 100 Läufer gingen an mir vorbei – an jedem schaute ich nach unten.. Alle mit Trailschuhen. Nur an meinen Füßen waren die luftigen Straßenlaufschuhe. Naja. Wird schon schief gehen. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits einige 100 km Läufer im Ziel. Die Gangart nun bei vielen schon sichtlich von den schmerzenden Beinen gezeichnet. Amüsiert machte ich schnell ein Video von einem Schweden und schickte es mit den Worten, so läuft man nach 100 Kilometern🤣, nach Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, das es bei mir 4 Stunden später nicht anders aussehen wird🙈 Auf den letzten Drücker ging ich zur Startlinie, wo schon der maskierte Kullamannen auf seinem Pferd die Runden drehte. Ein wenig Gänsehautfeeling kam da wohl bei allen auf. Pünktlich 11 Uhr wurden die 684 Läufer auf die Strecke geschickt. Wie immer, überholten mich auf den ersten 2 Kilometern gefühlt 3/4 der Starter und Starterinnen. Da mich die zwei 500 ml Wasserflaschen schon vom ersten Meter an störten, schüttete ich jeweils die Hälfte schon nach kurzer Zeit weg. Bei 8 Grad und 57 km brauche ich sowieso nichts zum Trinken. Alles unnötiger Ballast.

Nach knapp zwei humanen Aufwärmkilometern ging es auch schon auf den ersten schlammigen und schmalen Pfad bis Kilometer 8 erstmal bergauf. Zum Glück merkte ich die Wade kaum und auch die Kraft war trotz Erkältung da. Am ersten Checkpoint nach knapp 11 Kilometern lag ich auf Gesamtrang 51 und war 10te Frau. Die 9te jedoch bereits in Sichtweite. Kurze Zeit später dann ein lauter Aufschrei. Die Läuferin vor mir, eine der Favoritinnen dieses Jahr, war anscheinend umgeknickt und hat sich verletzt. Schlagartig war ich wieder voll da. Nimm das Tempo etwas raus und konzentriere dich auf den Weg, ermahnte ich mich. Nach circa 15 Kilometern erreichte ich die Küste und war von nun an gemeinsam mit den 100 Meilen- und 100 km Läufern unterwegs. Da diese bereits seit mehr als 12 Stunden unterwegs waren, rannte hier kaum noch jemand. Es erinnerte eher an einen dieser Mammutmärsche. Beneidet hab ich keinen einzigen von ihnen. Ich wusste nun, dass die kommenden 20 Kilometer flach werden. Die Strecke verläuft dort größtenteils auf dem Skaneleden. Ein Weitwanderweg, oder vielmehr ein Weitwanderpfad. Durch die nasse Witterung stand jedoch das Wasser auf den Wiesen, die Pfade waren zentimetertief aufgeweicht. Immer wieder schöpfte man Wasser oder Schlamm. Spätestens jetzt wusste ich, die Schuhwahl war richtig, trockene Füße oder Halt hätte man auch mit Trailschuhen nicht. Landschaftlich war dieser Abschnitt traumhaft schön. Eine tolle Gegend, immer wieder kleine schwedische Holzhäuser oder kleine Häfen. Ein Fotomotiv nach dem Anderem. Blöd, dass man sich immer so beeilen muss.

Die nächsten 1 1/2h war man nun ständig damit beschäftigt, Weidegatter zu öffnen oder die Zäune mittels Leitern zu überqueren. Bei Letzterem musste man oft anstehen, da die Stufen mittlerweile für die meisten Ultraläufer eine fast unüberwindbare Hürde darstellen. Wieder konnte ich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich selbst kam erstaunlich gut über den Küstenweg. Trotz sehr steinigem und damit schwierigen Untergrund und immer wieder Tritte in knöcheltiefes Wasser, konnte ich viele Kilometer in einem relativ guten Tempo laufen. Nur einmal war ein Sturz nicht mehr zu verhindern. Zu aufgeweicht war der Boden. Einziger Vorteil… man fällt weich. Ich überholte nun auch immer wieder Läufer, die zu Beginn an mir vorbeisprinteten. Von Platz 51 arbeitete ich mich immer weiter nach vorn. Leider endete das flache Stück in Torekov. Noch zwei Berge, dann hast du es fast geschafft, versuchte ich mich bei Laune zu halten. An der ersten Rampe war falscher Ehrgeiz unangebracht und so marschierte auch ich erstmal. Oben angekommen folgte ein schmaler Pfad oberhalb der Küste. Ein reinstes Schlammloch, an dessen Ende nochmal ein Anstieg folgte. Nicht nur ich, auch alle anderen rutschten ständig zurück oder waren damit beschäftigt, sich irgendwo durch den Wald zu schlagen um zumindest die schlimmsten Stellen irgendwie zu umgehen. 7 Minuten für einen Kilometer… Oh Mann.

Bergab wurde der Weg zum Glück wieder ein wenig besser und nach zwei erholsamen flachen Kilometern kam der letzte Berg. Auch hier wanderte ich lieber mit den anderen mit, als unnötig Energie zu verballern. Bergab dann wieder schlammig, nass und rutschig. 1-2x konnte ich mir ein Schimpfen nicht verkneifen. Obendrein kamen auch wieder diese Leitern über die Weidezäune. Was ich vor 1 Stunde noch belächelt hab, sah bei mir nun mittlerweile nicht mehr viel eleganter aus.🙈 Bei Kilometer 45 hatte ich das Schlimmste nun endlich überstanden und die Strecke führte auf den Kattegatleden, ein Fernradweg, bis nach Båstad. Die Uhr zeigte 51 Kilometer als ich den Zielsprecher hörte aber ich wusste, sie schicken uns noch auf eine zusätzliche 6 Kilometerschleife. Stück für Stück entfernte man sich wieder vom Ziel, der Weg nun teilweise immer sandiger. Einen mentalen Durchhänger konnte ich gerade noch abwenden. Die letzen drei Kilometer liefen wieder leichter und ich fand wieder in meinen Rhythmus. Nach 4 h und 37 Minuten konnte ich schließlich als 4. Frau ( 2. in meiner AK) über die Ziellinie laufen. Vom anfänglichen 51. Gesamtplatz schaffte ich es am Ende noch auf den 24ten.

Glücklich und stolz über die doch so gute Zeit und Platzierung holte ich mir noch eine Kleinigkeit vom leider wieder sehr verbesserungswürdigem Zielbuffet. Danach ging ich gleich weiter in den warmen Messeraum. Schon auf die paar Meter merkte ich die Beine und wusste, die nächsten Tage werden kein Spaß. Jetzt allerdings erstmal einfach nur noch hinsetzen. Leider waren alle Sitzgelegenheiten besetzt, sodass mir nur der Boden blieb. Ich wusste, wenn ich das jetzt mache, komme ich nicht mehr allein hoch. Ein kurzer Blick nach links und nach rechts… Okay.. Hier gibt’s genug die mir in einer viertel Stunde helfen können.

Fazit:
Was für ein Rennen! Der für mich wohl bisher härteste, aber landschaftlich auch schönste Lauf, an dem ich teilgenommen habe. Umso stolzer bin ich, mit einer so guten Platzierung aus dem Wettkampf rauszugehen. Die Streckenmarkierung und die Verpflegung könnte besser sein, aber ansonsten ist der Kullamannen ein Erlebnis, das wahrscheinlich jeder lange in Erinnerung behalten wird. Und wenn ich eins aus diesem Lauf mitgenommen habe, dann lache nie über die Schmerzen Anderer, bevor du nicht selbst im Ziel bist😅🫣

Ergebnisdienst:
Kullamannen by UTMB
Sibirian Ultra 50 – 461 Finisher, davon 106 Frauen
Karina Maier: 4:37:07 – Gesamteinlauf Platz 24 – 4. Frau gesamt – 2. Platz AK